10 Fragen – 10 Antworten zum Ansatz von Versuch macht klug

Liebe pädagogische Fachkräfte,

 

im Folgenden finden Sie einige in der Fortbildungsarbeit im Kontext der naturwissenschaftlichen Bildung besonders häufig gestellte Fragen sowie die zugehörigen Antworten – immer aus der Sicht des Ansatzes von Versuch macht klug. 

 

Haben Sie weitere Fragen? Schreiben Sie uns diese gerne! Wir schreiben eine Antwort und stellen diese auf die Website – so kann der Katalog von Fragen und Antworten stetig anwachsen.

 

Viel Spaß beim Lesen,

 

Ihr Team von Versuch macht klug

Die Gefahr, die aus naturwissenschaftlichen Bildungsprozessen entstehen kann, wird oft überschätzt! Der einzig sicherheitskritische Punkt bei der naturwissenschaftlichen Bildungsarbeit mit Kindern ist das Experimentieren. Experimentelle Prozesse finden im Kontext der Freihandversuche, der Experimentierstationen und der Workshops statt. Durch eine gezielte Auswahl der Angebote können diese Gefahren aber so minimiert werden, dass sie nicht über das im Alltag einer Einrichtung übliche Maß hinausgehen. Sämtlich auf dieser Website zusammengestellter Angebote genügen diesem Anspruch. Beachten Sie bitte stets die gegebenen Sicherheitshinweise. Entscheiden Sie bitte immer im Einzelfall, ob das Angebot zur Situation der Kinder passt. Wenn Sie selber Angebote entwickeln, bitten wir Sie vor dessen Verwendung einen Sicherheitscheck durchzuführen. Bitte achten Sie dabei auf folgende mögliche Gefahren:

  • Schnittgefahr (zum Beispiel durch brechendes Glas)
  • Vergiftungsgefahr (zum Beispiel durch giftige Alltagssubstanzen)
  • Brandgefahr (zum Beispiel durch das Arbeiten mit Kerzen)
  • Nachahmungsgefahr (zum Beispiel durch das Umgehen mit Feuer)
  • Gefahr eines elektrischen Schlages (zum Beispiel durch das Hantieren mit elektrischen Geräten zusammen mit Wasser)
  • Ertrinkungsgefahr (zum Beispiel durch große Wasserwannen)
  • Stolper- und Sturzgefahr (zum Beispiel durch das Verstellen von Fluchtwegen)

Nach einem solchen Durchdenken des Angebotes und in der Folge der Einführung von Sicherheitsmaßnahmen können Sie das Angebot verwenden.

Wenn ein Versuch sicher ist, heißt dies noch nicht, dass er auch geeignet ist. Bezüglich der Eignung sind zwei Aspekte zu unterscheiden. Zunächst die prinzipielle Eignung. Hier geht es um die Frage, ob es sich um einen für die Bildungsarbeit mit Kindern grundsätzlich geeigneten Versuch handelt. Dafür haben sich in Forschung und Praxis folgende Kriterien bewährt:

  • Sicheres, wiederholbares Gelingen des Versuches
  • Produktion eines spannenden Phänomens
  • Angemessene Versuchsdauer
  • Preisgünstige Alltagsmaterialien
  • Angemessene Anforderungen an das experimentelle Geschick von Kindern

Sämtliche Angebote auf unserer Website erfüllen diese Anforderungen. Neben dieser prinzipiellen Eignung des Versuches sollte in einem nächsten Schritt gefragt werden, ob der Versuch für die jeweilige Gruppe geeignet ist. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass das Phänomen thematisch passt und auf die spezifischen Fähigkeiten der Gruppe zu geschnitten ist.

Das ist ein schwieriges Feld: Viele der Erklärungen die Sie in Experimentierbüchern nachlesen können, sind lückenhaft, zum Teil sogar grundsätzlich falsch. So wird das Ansteigen des Wasserspiegels bei dem Versuch „Kerze im Glas“ vielfach über das Verbrauchen des Sauerstoffes durch die Flamme erklärt. Dies ist grundsätzlich falsch. Der Sauerstoff ist nicht weg, sondern wurde nur umgewandelt. Aber selbst wenn eine Erklärung grundsätzlich korrekt ist, werden Sie schnell merken, dass die kleinen, einfach klingenden Erklärungen in wenigen Sätzen zu kurz greifen. Die Natur ist einfach viel komplizierter. So ist es immer die Frage, welches Phänomen Sie erklären wollen. Ein Beispiel: Eine Kindergruppe dampft auf einem Teelöffel eine Salzlösung ein. Ziel der pädagogischen Fachkraft ist es zu zeigen, dass das gelöste Salz nicht verschwindet, sondern – wenn das Wasser verdampft – wieder zum Vorschein kommt. Die Kinder interessierte dies aber gar nicht. Spannend war für sie die Rußbildung auf der Rückseite des Löffels. Daher geben wir auf dieser Website auch keine Erklärungen. Diese sollen Sie sich auf der Basis der Angebote selber erarbeiten. Wir möchten Ihnen empfehlen selber zu experimentieren, über Phänomene nachzudenken und diese mit anderen zu diskutieren. Probieren Sie es! Ein solches Nachdenken schult darüber hinaus gut die didaktischen Fähigkeiten. Denn Sie sollen im Rahmen des Ansatzes von Versuch macht klug nichts erklären, sondern Kindern dabei helfen selber zu Erklärungsmustern zu kommen.

Die Antwort geschieht hier anhand eines Beispiels: Eine Kindergruppe hat sich intensiv mit dem „Flaschentaucher“ befasst. Im gemeinsamen Gespräch hat sich die Gruppe auf folgendes Erklärungsmodell verständigt: Der Druck auf die Flasche verstärkt punktuell das Erdmagnetfeld, die kleine Flasche wird angezogen. Lässt man los, so entspannt sich das Erdmagnetfeld, die kleine Flasche steigt auf. Dieses Modell erklärt alle Phänomene, lässt sich in Deckung bringen mit den Beobachtungen, ist physikalisch aber vollkommen unhaltbar. An dieser Stelle können pädagogische Fachkräfte im Sinne eines „Sustained Shared Thinkings“ Impulse geben und mit den Kindern ins Gespräch kommen. Im konkreten Beispiel ließ sich die Fachkraft die Erklärung der Kinder genau erläutern. Sie bot dann einen Magneten als ergänzendes Material an, um die Kinder zum weiteren Nachdenken anzuregen. Die Kinder wollten aber trotzdem nicht von ihrer Erklärung abweichen und stellten fest, dass das Magnetfeld des Hufeisenmagneten etwas anderes sei, als das der Erde. Insofern habe es, so die Kinder, keinen Einfluss. Die Fachkraft zog sich daraufhin zurück. Zwei Wochen brachte sie den Versuch erneut zur Sprache, indem sie die Aufmerksamkeit der Kinder auf das kleine Fläschchen, genauer den Wasserstand in ihm, lenkte.

Die Experimente und Stationen sind im Rahmen von Versuch macht klug so konzipiert, dass an ihnen weitgehend selbstorganisierte Lernprozesse möglich werden. Die Kinder entscheiden selbst, ob, wann, mit welchem Ziel, und wie sie arbeiten möchten. Daraus folgt zunächst eine gewisse Zurückhaltung der pädagogischen Fachkräfte. Sie beobachten die Kinder in ihrer Auseinandersetzung mit den Angeboten. Bei Hilfebedarf unterstützen sie, allerdings immer nur kleinschrittig und behutsam. Hilfestellungen sollten dabei immer so gewählt werden, dass sie den Kindern ein Weiterarbeiten an ihren Fragen ermöglichen, ihnen aber nicht das eigenständige Handeln oder Denken abnehmen. In diesen Kontext des Beobachtens gehört auch eine Dokumentation, um auf dieser Basis Inhalte für die „Auswertungsgespräche“ auszuwählen. Eine solche behutsame Bildungsbegleitung schließt es aber nicht aus, dass pädagogische Fachkräfte auch gelegentlich die Initiative übernehmen können, zum Beispiel einen Versuch vormachen, gemeinsam mit den Kindern experimentieren oder ein gewagtes Erklärungsmodell in den Raum stellen. Dies stellt, je nach Situation in der Gruppe, eine sinnvolle Ergänzung des obigen Vorgehens dar.

Der Nachbau der Stationen, egal ob teilweise oder vollständig, nimmt einige Zeit in Anspruch. Praktisch bewährt hat sich der Nachbau in einer Gruppe von 10 bis 15 Personen durchzuführen. Ideal ist es, dies als Gelegenheit für die Elternarbeit zu sehen. Für den Nachbau aller Stationen ist ein Bautag von etwa sechs bis acht Stunden ausreichend. Laden Sie dazu Eltern ein. In der Gruppe macht der Nachbau viel Freude und entsteht schnell ein ‚Werkstolz‘ über die fertigen Stationen. Steht die Gruppe fest, ist eine gute Vorbereitung entscheidend. Machen Sie sich mit den Bauanleitungen vertraut und stellen Sie eine Materialliste zusammen. Nun kann der Einkauf in Angriff genommen werden. Lassen Sie sich dabei möglichst viele der Holzteile im Baumarkt zuschneiden. Dies ist in der Regel kostenfrei. Parallel dazu können Sie auf Seiten der Eltern die benötigten Werkzeuge für den Bautag zusammenstellen lassen. Für den Bautag selber benötigen Sie einen großen Raum. Schaffen Sie eine Werkzeug- und eine Materialbar, sowie drei Arbeitsinseln. Die Stationen entstehen nun als Gruppenarbeit. Jede der Gruppen erstellt dabei die Arbeitsprodukte auf der Basis der Bauanleitungen. Zum Ende des Bautages haben sich ein Durchgehen der Stationen und ein gemeinsamer Abschluss bewährt.

Situationsorientiertes Arbeiten und der Ansatz von Versuch macht klug passen gut zusammen. So ist der Alltag einer Kindertagesstätte durchdrungen von naturwissenschaftlich deutbaren Phänomen. Hier eine Liste mit einigen Beispielen:

  • Das Aufgehen eines Kuchens
  • Wippen, Schaukeln etc.
  • Das Drehen eines Mobiles über einer Heizung
  • Der elektrische Schlag an einer Türklinke
  • Ein Regenbogen über dem Außengelände

Diese Phänomene können im Alltag wahrgenommen, experimentell nachbearbeitet und diskutiert werden. Ein ausreichendes Interesse der Kinder vorausgesetzt, können bestimmte Themen auch projektorientiert bearbeitet werden. Dabei kann dann auf die Versuche und Experimentierstationen, sowie die Auswertungsgespräche und Workshops als Arbeitsformate des Ansatzes von Versuch macht klug zurückgegriffen werden.

Auswertungsgespräche sind ein zentrales Element des Ansatzes von Versuch macht klug. Ziel ist es in diesem Rahmen Erfahrungen zu reflektieren und das Wissen der Kinder zu ausgewählten Fragestellungen systematisch zu vertiefen. Das inhaltliche Spektrum wird durch das Konzept der „Scientific Literacy“ bestimmt. Im Fokus stehen damit Inhalte von Naturwissenschaften, Methoden, Prinzipien und abschließend ein Wissen über die Wechselverhältnisse von Naturwissenschaften und gesellschaftlichen Fragen. Auswertungsgespräche sind dabei kein Belehren der Kinder über die Natur, sondern ein freiwilliges Zusatzangebot indem mit den Kindern diesen wichtig erscheinende Fragestellungen vertieft werden können. Die Haltung der Fachkräfte kann dabei als ko-konstruktiv beschrieben werden. Sie diskutieren mit den Kindern, geben inhaltliche Hinweise, geben Impulse zu Weiterdenken, bieten ergänzendes Material an oder führen zusätzliche Experimente durch. Die Kinder entscheiden selber, ob sie teilnehmen oder nicht. Auswertungsgespräche finden in einem separaten Raum mit mindestens einer pädagogischen Fachkraft statt. Zur Einführung in das Gespräch wird die zu bearbeitende Fragestellung geklärt. Im Fokus steht hier das Interesse der Kinder. Sie entscheiden, was relevant ist. Die pädagogischen Fachkräfte geben Anregungen und moderieren den Themenfindungsprozess. Es hat sich bewährt ein Phänomen, hervorgerufen durch ein Experiment, in den Mittelpunkt zu stellen. Ist dies auf der Basis der Fragestellung nicht möglich, können auch Bilderbücher, Modelle ein Videoclip etc. als Medien herangezogen werden. In einer folgenden Phase wird experimentiert und beobachtet. Es folgt eine Phase der Diskussion in der der über die in der Einleitung festgelegte Frage auf der Basis der Erarbeitung gesprochen wird. Zum Schluss wird das erzielte Arbeitsergebnis kritisch bilanziert und es werden Schritte für die weitere Arbeit festgelegt.

Genauso wie auch schon die Auswertungsgespräche stellen die Workshops ein strukturiertes didaktisches Angebot innerhalb des Ansatzes von Versuch macht klug dar. Im Gegensatz zu den Auswertungsgesprächen, die eher erkundend-diskursiven Charakters sind, sind Workshops stärker aufgaben- und ergebnisorientiert. Sie richten sich an die älteren Kinder und können gut im Kontext der Vorschularbeit durchgeführt werden. Ziel ist es im Rahmen der Workshops eine definierte Aufgabe unter spezifischen Rahmenbedingungen zu bearbeiten. Workshops sind handlungsorientiert. Im Fokus steht das Lösen eines definierten Problems, zum Beispiel das Bauen eines möglichst hohen Turmes auf der Basis sehr begrenzter Materialien. Sie finden losgelöst vom Alltag in einem separaten Raum statt. Die Gruppe umfasst 10 bis 15 Kinder, die von zwei pädagogischen Fachkräften begleitet werden. Zunächst werden Gruppenregeln beschlossen. Es folgt die Bekanntgabe der Aufgabe und das erste Andiskutieren von möglichen Lösungen. Die Kinder arbeiten dann in Kleingruppen weiter. Zum Abschluss werden alle Lösungen vorgestellt und gewürdigt.

Der Ansatz von Versuch macht klug stellt den Versuch dar auf der Basis unterschiedlicher fachdidaktischer Forschungsarbeiten gezielt verschiedene didaktische Angebote miteinander zu verbinden. So werden phänomenbasierte, selbstorganisierte Angebote mit stärker strukturierteren Spielarten verwoben. Einschlägige Forschung zeigt, dass ein solches Vorgehen am erfolgversprechendsten für die Anbahnung einer naturwissenschaftliche Bildung bei den Kindern ist.

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